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AutorenbildAnnika Vossen

Momentaufnahme: eine Woche nach dem GranGuanche

Heute hatte ich meine erste gute Radausfahrt seitdem ich am Mittwoch letzte Woche um 14:15 ins Ziel vom GranGuanche* auf El Hierro gefahren bin. Und ich meine nicht gut im Sinne von starker Wattleistung oder vielen Kilometern. Nein, ich meine gut im Sinne von ich hatte endlich wieder Spaß daran, auf dem Rad zu sitzen.


Schlechtes Timing

Timing kann ich...nicht. Jetzt habe ich noch nicht einmal einen Bericht über das GranGuanche geschrieben und komme schon mit einer kleinen Geschichte aus der Woche nach dem Rennen daher. Naja, die Worte wollten gerade irgendwie aus mir heraus und daher ist das jetzt eben so. ;) Nichtsdestotrotz kommt natürlich auch bald noch ein Artikel über das Rennen, meine Vorbereitungen, meine Packliste, mein Equipment usw.


Höhen und Tiefen

Die letzten sieben Tage sind von Höhen und Tiefen durchwachsen, so wie das Rennen selbst. Meistens bin ich müde und kraftlos, manchmal sitze ich lethargisch auf dem Stuhl und starre in die Luft. Der Hunger ist ein stetiger Begleiter und ich wechsle zwischen Appetitlosigkeit und Heißhunger. Die ersten Tage habe ich unglaubliche Cravings auf Gemüse und Obst. Dann müssen Schoko-Toppas her. Der Kaffeekonsum ist höher als während des Rennens und ich versuche irgendwie den Berg an Arbeit, der nach eineinhalb Wochen “out of office” auf mich wartet, abzuarbeiten. Die Stimmung ist mal gut, mal angespannt. Am Morgen wache ich statt erholt eher gerädert auf. Jede Nacht träume ich von Radrennen. Ich schnaufe und schwitze im Traum als würde ich es tatsächlich erleben. Der Körper verarbeitet und das ist gut so. “Das muss so sein” sage ich mir. “Aber muss das denn so lange dauern!?”. Ich bin ein sehr ungeduliger Mensch und so ist es kein Wunder, dass ich nun eine Woche nach dem Rennen langsam die Geduld mit mir verliere: “Warum bin ich andauernd so müde? Warum fühle ich mich nach 1,5h auf dem Rad wie nach einer kompletten Tagestour? Warum bekomme ich von ein bisschen Fitnessstudio auf einmal wieder Muskelkater? Wo ist mein Bewegungsdrang hin? Warum bin ich andauernd so furchtbar gereizt?”.


Mein Freund und Feind: die Ungeduld

Die Antwort liegt auf der Hand. Ich habe letztes Jahr mit dem Radfahren angefangen und fahre erst seit knapp 4 Monaten regelmäßig. Seitdem habe ich bereits zwei Ultra-Distanz-Rennen mitgemacht. Und ich wundere mich ernsthaft warum ich eine Woche Zeit brauche, um mich zu erholen? Mir fallen gerade ein paar Leute ein, die da einfach nur den Kopf drüber schütteln können. ;) Ich weiß, dass so ein Rennen - besonders eins, das über mehrere Tage hinweg geht - in Kombination mit Schlafmangel, extremen Wetterbedingungen, der Einsamkeit und natürlich der für mich immer noch ungewohnten Belastung den Körper und Geist extrem beansprucht. Also versuche ich mir Zeit zu nehmen. Zeit zur Erholung.


Glücksgefühle

Heute kann ich mich zuerst nicht so recht motivieren auf’s Rad zu gehen. Ich bin gestresst. Am Wochenende geht es wieder für ein paar Wochen in die Heimat nach Deutschland. Es muss aussortiert, gepackt und aufgeräumt werden. Aber ich kenne mich. Würde ich nicht wenigstens für eine kleine Runde raus gehen, hätte ich später ein schlechtes Gewissen. Zumal jetzt nach dem ätzend verregneten Vormittag auch noch so nett die Sonne scheint. Also rein in die Bib und los geht’s bevor ich es mir wieder anders überlegen kann. Ich bin noch keine 2km gerollt und da kommt es. Ganz unverhofft und dafür umso schöner. Das Glücksgefühl. Es ist wieder da wo’s hingehört. Man ist das schön. Ich habe ein fettes Grinsen im Gesicht. Der sandige Boden ist nass und von großen Pfützen durchlöchert. Nach kürzester Zeit bin ich von oben bis unten eingesaut. Herrlich.


Eine neue Leidenschaft

Ich habe einiges gelernt in den letzten zwei Wochen - sowohl während des Rennens als auch jetzt danach. Offensichtlich bin ich auch immer noch nicht fertig damit, das Erlebte zu verarbeiten. Und das ist ok. Die Lust am Radfahren ist noch bzw. wieder da und das bestätigt mir, dass ich genau das Richtige mache. Ich habe mit dem Rafahren eine Sportart neu für mich entdeckt und ich würde sagen, selbst nach der kurzen Zeit, ist es nicht mehr nur eine Sportart, sondern eine Leidenschaft.


Und jetzt sitze ich hier. Am Laptop. Und melde mich für das nächste Ultra-Cycling-Rennen an. :)


* Ein unsupported ultra-cycling Event auf den Kanaren über 700km mit 16.000 Höhenmetern.


Fotos 1,2 & 4 Matteo Minelli/ GranGuanche

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